Schule, Lehrer und Schüler am Limit

Wer gestern Beckmann, Lehrer am Limit gesehen hat, hat vielleicht zum wiederholten Mal den Eindruck gewonnen, den Guido Brombach in seinem Tweet folgendermaßen in Frageform fasst:

Meine Antwort: jein.
Nein, weil kein Tag vergeht, in dem Schule und Unterricht – und vor allem die Bildungsergebnisse – uns nicht in irgendeiner Form in den Massenmedien kritisch entgegentreten.
Ja, weil fast immer die Diskussion in einfachem Kausaldenken stecken bleibt: Zwar ist immer häufiger vom Bildungs-SYSTEM die Rede. Aber wie wir ein System verstehen wollen, wird schon nicht mehr gefragt. (Meist wird immer noch die äußere Schulstruktur darunter verstanden.) Und schnell ist der Begriff System aus der Diskussion verschwunden. Stattdessen wird nur noch nach einzelnen Elementen gefragt: Wer oder was ist schuld, dass „es“ in Deutschland nicht (mehr) so recht klappen will mit der Bildung? Und dann stellt man neuerdings mit Hattie fest: Es liegt am Lehrer (nicht an der Klassengröße oder an den Unterrichtsmethoden oder an der Schulstruktur). Systemisch (systemtheoretisch) verstanden, sind die Lehrer aber gar kein Element des Systems Schule, sondern Teilnehmer. Ein großer Unterschied! Aber selbst, wenn wir diesen nicht kennen könnten, müssten wir fragen: Und wer „macht“ den Lehrer? – Wenn es sich nicht um etwas Angeborenes handelt, ein guter Lehrer zu sein, muss es wohl an dessen Bildung liegen. Also doch insbesondere an der Lehrerbildung. Oder es liegt an den unzureichenden Ressourcen oder an den fehlenden Konzepten. Oder daran, dass der nötige Wandel „von oben“ angeordnet statt „mit unten“ zusammen konzeptionalisiert wurde. Oder daran, dass die Lehrer die Schüler einfach nicht konsequent genug „disziplinieren“ (So hören wir aus Emden, wo die Welt noch in Ordnung ist.)
Ob nun etwas davon mehr oder weniger zutrifft, sei dahingestellt. Interessant an all diesen Diskussionen, Artikeln und Talks ist deren Übereinstimmung im notorischen Mangel eines wirklich systemischen Blicks. Keiner, der in solchen Talkrunden oder Zeitungsartikeln nach der „wirklichen“ Ursache fragt, und keiner, der auf diese Falle-Frage eine einzelne Ursache herausstellt, kriegt diesen systemischen Blick hin. Wenn ich aber vom Bildungssystem sprechen möchte, dann muss ich auch systemisch sprechen. Da gibt es keine eine Ursache, denn alle Elemente eines Systems bedingen einander per definitionem. Und eine Flucht ins Allgemeinste, dass dann eben alle Faktoren irgendwie eine Rolle spielen, hilft auch nicht. Helfen würde, die Art und Weise dieses systemischen Zusammenhangs all dieser Faktoren in den Blick zu nehmen. Und dann: Dem System eine systemische Therapie zu verordnen.
Die jedoch würde das Ganze und alle seine Elemente infrage stellen, bearbeiten, verändern. Ob man das wirklich will? Und wenn ja, ob man wirklich weiß, wie man so etwas in Gang setzt, wie lange es dauert und wie man diesen Prozess begleiten muss? Was er kostet (in jeglichem Wortsinne) ?

Ich habe inzwischen den Eindruck, dass in Deutschland lieber nicht systemisch geblickt werden soll. Denn die Folgen sind einfach zu unüberschaubar, unkontrollierbar, unbehördenbar. Das ist m. E. der Hauptgrund, warum so viele in Bildungsministerien, Schulbehörden, Schulentwicklung, Politik und Journalismus so gerne das Mantra wiederholen: Aus Finnland können wir nichts lernen, denn Finnland hat ganz andere Voraussetzungen als wir! (Weniger Immigranten, mehr Wald, mehr Film-Untertitel statt Synchronisation, mehr Sauna, mehr andere Mentalität, mehr Finnengene.)

PasiSahlberg„Sagen Sie jetzt nicht wieder Finnland, Herr Schleicher!“ warnt Beckmann im Talk. Ja, wenn wir lieber nicht auf das Land gucken, bei dem wir einen Ansatz lernen könnten, wie man systemisch blickt und politisch kontextsteuert, um systemische Lösungen zu finden … dann müssen wir halt das Desaster behalten, das wir haben. Wir können dann mal an dieser, mal an jener Stellschraube drehen, (und mit der neuen Regierung wieder zurückdrehen) – immer in der Hoffnung, wir wären auf einem Weg. In Wirklichkeit irren wir im Gestrüpp zufälliger Entscheidungen.
Und dabei haben die Finnen noch nicht mal den Change mit dem #Leitmedienwechsel so richtig auf dem Zettel. Was sie uns aber auf jeden Fall vormachen, ist ein LERNENDES SYSTEM. Willke sagt zwar zurecht, Systeme lernen immer, – aber es fragt sich halt, was. Also ein KLUGES LERNENDES SYSTEM.

ProjektbuchZufällig ist heute mein Autorenexemplar eines Buches angekommen, für das ich vor fast zwei Jahren einen Artikel geschrieben hatte. Und weil der Weg bis zur Printpublikation so lange dauert, musste ich ihn kurz lesen, denn ich hatte vergessen, was ich den Projektdidaktikern von Bielefeld in ihr Buch geschrieben hatte. Da las ich, meinem Schrieb von gestern gegenübertretend, was ich auch heute noch richtig finde: Den Versuch, systemisch zu blicken. Der Beitrag heißt Lernen 2.0 – Projektlernen mit Lehrenden im digitalen Zeitalter .
Aber klar möchte ich auch das ganze Buch empfehlen, denn es enthält im Bereich Unterrichtsentwicklung das Professionswissen zur Professionalisierung von Lehrerbildung und Schulpraxis, das sich nicht mit einem Classroom management (die modernere Variante des Disziplinierens) als Einzelstellschraubenlösungsillu zufrieden gibt. Projekt: Unterricht. Projektunterricht und Professionalisierung in Lehrerbildung und Schulpraxis, von Christine Schumacher, Felix Rengstorf und Christina Thomas herausgegeben, rückt das professionelle Lernen des Projektunterrichtens in den Fokus der Lehrerbildung. Hatte nicht die hervorragende Schülerin Shari Gerbode im Beckmanntalk aus der bepreisten Gesamtschule genau darauf verwiesen? Sie wünschte sich viel mehr selbstständiges individuelles Lernen und mehr Projektlernen, in dem sie ihre eigenen Fragen bearbeiten könne.
Besonders bemerkenswert fand ich übrigens, dass sich Shari Gerbode, nachdem sie gekonnt auf Beckmanns Fragen geantwortet hatte und schon verabschiedet worden war (!), herausnahm, noch selbst eine Frage an Kay Stöck zu stellen. Klasse! Genau solche braucht die Gesellschaft in naher Zukunft, und zwar en masse!

21 Gedanken zu „Schule, Lehrer und Schüler am Limit

  1. Genau. Ganz genau.
    Einverstanden auf der ganzen Linie.
    Obschon die „systemische Therapie“ vermutlich schwierig auszugestalten ist, darf man etwas Hoffnung haben, denn: Ein Zug beim Schach hat Konsequenzen für alle anderen Figuren, für das ganze Spiel. – Der „Projekt-Zug“ wird Wirkung haben.
    Aber im Grunde beginnt alles schon viel früher: Wie oft haben wir erlebt, dass ein Schulkind mit einer FRAGE ins Schulzimmer gekommen ist? Und wie oft haben wir dann darauf verzichtet, sie zu beantworten, und ihm statt dessen Gelegenheit gegeben, sich auf seinen eigenen Weg zu Antwort zu begeben? Vielleicht sogar zusammen mit ein paar anderen (die dann alle nicht am „regulären“ Unterricht teilgenommen haben natürlich)?

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  2. Pingback: Schon wieder ‘ne Linkliste | Kreide fressen

  3. Für mich liegt das Wissen im Internet. Von Schulen leider oftmals wegen Datenschutzprobleme selten genutzt. Schade! Tipp: Internetportale einrichten wo Lerninhalte abgerufen werden können, wegen meiner mit Paßwort geschützt. Es gibt wohl kein anderes Land auf der Welt wo Datenschutz eine solch große Rolle spielt, wie in Germany. Lehrer halten sich in den sozialen Netzwerken sehr zurück…

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    • Leide reicht das Wissen nicht mehr aus. Die Kompetenz damit umzugehen und Probleme zu lösen ist entscheidend und das wird von Wikipedia, facebook und youtube nicht vermittelt. Zu irgend etwas müssen die Lehrer ja auch noch gut sein 😉

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  4. schulen aus dem vorletzten jahrhundert, lehrpersonen aus dem letzten jahrhundert, schüler aus dem jetzigen jahrhundert…
    wir lehrpersonen zun gut daran, zu schauen, was die bedürfnisse der kinder und jugendlichen und damit unserer zukunft sind.

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    • Ja, was sind denn die Bedürfnisse des Großteils der Schüler? – Und damit meine ich die Schüler, die zu den sog. Problemfällen zählen. Eine Schülerin wie die von Lisa Rosa erwähnte Shari würde vermutlich in jedem Schulsystem eine gute, aufgeweckte, selbständige Schülerin abgeben.

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      • naja, Bedürfnisse werden ja gesellschaftlich kulturell vermittelt gebildet. Mit einem anderen Bildungssystem entstehen andere (Lern-)Bedürfnisse bzw. Haltungen. In Finnland (Sagen Sie jetzt nichts!) sind mehr Schüler so, wie die aus Sharis Schule. Das System Schule macht sich seine Teilnehmer – Lehrer wie Schüler – zu ihm passend.

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  6. @Lisa Rosa
    Ja, das glaube ich gerne. Aber da sehe ich noch einen sehr weiten Weg, wenn ich darauf warten soll, dass Schüler im Rahmen einer neuen gesellschaftlich kulturell vermittelten deutschen Lernkultur eine andere EInstellung zur Schule und zum Lernen gewinnen. Und wenn ich es richtig verstehe, muss sich hier die gesamte Gesllschaft bewegen und die Schule muss sich dieser Veränderung (dann) anpassen. Aber denjenigen, die schon heute lernen wollen, müssen schon heute die entsprechenden Angebote gemacht werden – unabhängig von Schulform oder Schulsystem.

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    • Ja zu beidem, was du sagst: Es ist ein Weiter Weg in die (visionierte) Lernkultur und im Alltag heute ist gleichzeitig durchwurschteln nötig und es sind kurz-, mittel-, langfristige Ziele zu benennen (am Visionierten gemessen) und dafür jeweils Strategien zu identifizieren, diese zu erreichen. Fi hatte dafür ursprünglich eine 15-jährige Entwicklung geplant. Das ist ein realistischer Zeitraum. Bei uns hingegen geht es eben im 1, 2, maximal 4-jahresrhythmus, bevor wieder die Bremse und oft Kehrtwende bzw. „Neue-Sau-Ausrufung“ gemacht wird. Einzelne Elemente werden geändert – die von der jeweiligen Politikmannschaft vermeintlich als die Entscheidenden betrachtet und angepriesen werden, wie Wahlkampfseife. Die Akteure „an der Front“ werden nicht gefragt, geschweige denn einbezogen. Wo soll das denn hin?

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      • Dem kann ich voll zustimmen und wage somit auch gerne einen Blick auf das Vorbild Finnland 😉 Wir (Deutschen) müssten also dafür sorgen, dass unsere Gesellschaft langfristig in eine Richtung entwickelt wird, die es möglich macht, das finnische System auf uns zu übertragen. Alles andere ist Herumdokterei und Ausprobieren, letztes Beispiel dafür: die von oben verordnete Inklusion als Durchdrücken politischer Zielsetzungen auf Kosten aller Betroffenen.

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      • Wobei die Inklusion zu begrüßen wäre, aber nicht die Art und Weise ihrer Gestaltung und Einführung! (Da wäre vom Schwedenmodell zu lernen gewesen. Wieder verpasst, weil D ja alles selbst kann und nirgends sich von anderen was sagen lässt.)

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  7. Das Interessante an dieser Diskussion ist tatsächlich die Vermischung der Kategorien und der offensichtlich mangelnde Wille an einer wirklichen Veränderung.

    Bleiben wir bei der systemischen Frage, dann ist es unter Umständen lediglich eine Ausrede dafür, dass wir ja eh nichts verändern könnten, denn die Interessen der verschiedenen Teilnehmer sind zu unterschiedlich, als dass man sie unter einen Hut bringen könnte, oder?

    Nehmen wir, weil es gerade so populär ist, den Vergleich der Systeme von Finnland und Deutschland.

    Hier gibt es neben mehr Sauna tatsächlich auch systematische Andersartigkeit, die entweder die Teilnehmer stark verändern oder eine völlig andere Art von Teilnehmern in System bringen, die dann auch schon einen erhebliche Unterschied der Systeme und deren Selbstbewusstsein ausmachen.

    Hier in Deutschland haben die Noten eine wesentlich höhere Gewichtung, zumindest in den frühen Jahren der Schullaufbahn. In den Nordländern ist bis zur 8. Klasse dieses systemische Instrument schlicht nicht vorhanden. Auch das Disziplinierungsmittel der Nicht-Versetzung entfällt dadurch. Eine frühe Selektion ist so auch nicht möglich.

    Diese minimale Änderung im System bedingt eine komplette Kulturänderung. Statt einer Kultur des Misstrauens, wie hier, wird dort eine Kultur des Vertrauens und Zutrauens etabliert.

    Dass in Finnland die Zahl der Analphabeten gegen nahezu Null tendiert, hier dagegen bei stabilen 14 % bzw. 7,5 Millionen funktionale Analphabeten hängen bleibt, scheint mir damit zusammen zu hängen.

    Falls wir uns nun als lehrende Teilnehmer im System autonom dahin verändern, dass wir nicht mehr wie aktuell manifest, Fehler bewerten, sondern den Lernfortschritt belobigen, dann werden wir unter Umständen, in Bayern ziemlich sicher, von der Mehrheit der konservativen Systembewahrer, sanktioniert.

    Trifft einer aus der systemischen Teilnehmergruppe der Lernenden, zur richtigen Zeit, auf einen solchen Positivbewerter und Systemveränderer, dann kommt er unter Umständen positiv aus einer Krise, wie die Pubertät eine solche darstellen kann, heraus. Trifft er auf einen lehrenden Systemteilnehmer, der sich selbst in einer Krise befindet, wie es z.b. die Menopause sein kann, dann eskaliert die Situation.
    Bei uns ist diese Krisensituation also systemimmanent vorprogrammiert. Eine positive Krisenbewältigung mehrheitlich vom Zufall der Teilnehmerkonstellation abhängig.

    Volkswirtschaftlich betrachtet ist dieses permanente Systemversagen eine Katastrophe, das auch die persönliche Gesundheit der Teilnehmer erheblich beeinträchtigt, betrachten wir nur die Anzahl der Frühpensionierungen, und potenziert damit diese Rechnung.

    Um aber noch einen Schwenk zur Diskussionsrunde zu machen, die Feststellung der Journalistin, dass es im Kollegium keine positive Kultur der Kritik, Selbstkritik und Fehlerkorrektur gibt, kann ich zu 97,5% bestätigen.

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    • Danke für die interessanten Gedanken!
      Ziemlich klar ist, dass das System nur wechseln kann (sich lernend wanden), wenn es a) einen Anstoß von außen im Sinne einer Kontextsteuerung bekommt, anders werden zu sollen, und b) die Teilnehmer des Systems, die im Sinne dieser neuen Kontextvorgaben handeln willen, prämiert werden. Hieße in deinem Bayernbeispiel: Das Bildungsministerium bevorzugt diejenigen, die Kernfortschritte bewerten, statt Fehler zu zählen.

      Was noch zum „System Finnland“ zu sagen wäre: Die Finnen hatten bis zu ihrem Educational Change haargenau dasselbe Bildungssystem wie wir. Sie hatten es sich nämlich, als sie zu Beginn des 20. Jh selbstständig wurden, bei uns abgeguckt als damals fortschrittlichstes Modell. Mitte der 80er Jahre desselben Jh stellten sie dann jedoch fest, dass es völlig überholt ist, und erfanden sich – mithilfe einer Beratung aus der DDR (Lompscher, Kulturhistorische Schule der Psychologie) ihr eigenes neues.

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      • Jein, möchte ich darauf antworten.
        Denn existente Systeme tendieren i.d.R. zum konservieren bestehender Verhältnisse. Das was wir (schon) kennen, macht uns oft weniger Angst, als das unbekannte Neue, zumindest solange das Alte und Bewährte nicht völlig unerträglich erscheint.

        Ansonsten hinken etablierte Systeme gesellschaftlichen Entwicklungen fast immer hinterher.
        Das können wir bei der Prügelstrafe sehen und bei den eheähnlichen Lebensmodellen.
        Je grösser die Masse der Systemveränderer wird umso eher entsteht im System eine Notwendigkeit der offiziellen Anpassung an die gesellschaftliche Entwicklung. Solange jedoch dafür kein Bewusstsein vorhanden ist, solange wird sich auch hier kaum etwas tun.
        Das Erstaunliche ist in meinen Augen, dass diejenigen, die kaum dabei verlieren können, die verbeamteten Kollegen, dieses von vielen als falsch erkannte systematische Bildungsversagen, am vehementesten verteidigen und in der Praxis fortschreiben.

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      • Das Finn-system (das alte) hat dann wohl deine Systemregel der Beharrung einfach ignoriert? 😉

        Ich finde es gar nicht erstaunlich, dass „die Lehrer“ bestimmte von oben angeordnete Änderungsmaßnahmen ablehnen, wenn jene nicht mit ihren Praxiserfahrungen zusammenpassen. Und die anderen Veränderungen, die, die etwas bringen würden, kommen ja oft unter unglücklichen Bedingungen daher. Die Zahl der double binds, bzw. Paradoxien erhöht sich mit jeder Schulreformansage, die immer verlangt, dass Veränderungen stattfinden sollen, und dabei im Wesentlichen alles gleich bleiben soll.

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      • Es gibt ja die weise Erkenntnis, des „Zur falschen Zeit, am falschen Ort“-Phänomens.
        Manchmal soll es tatsächlich eine Umkehrung desselben geben. ;o)

        Vielleicht sollten wir in der Tat genau dort nachsehen, was diese anscheinend positive Veränderung bewirkt hat.

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    • „konservativen Systembewahrer“ hört sich jetzt sehr abwertend an – aber was soll’s. Ich komme nicht aus Bayern, halte aber verschiedene hier angesprochene Reformen wie die Abschaffung des Sitzenbleibens oder der Noten für bedenklich.
      Alles, was ich hier zu Systemen und Finnland gelesen habe, klingt sehr einleuchtend nur was ist mit den Beweisen, dass diese Umstrukturierung und Systemänderung die gleichen Effekte wie in Finnland haben wird? Wie erklären sich die vielen Probleme (und nicht positive veränderte Lernkultur) an Gesamt- und Gemeinschaftsschulen (vgl. Wilhelmsburg). Warum sollte eine Systemveränderung derart positive Folgen im Großen haben, wenn sich schon im Kleinen die Erfolge derart widersprechen (Wilhelmsburg vs. Göttingen).
      Was mich außerdem an dem Vorbild Finnland stört, ist, dass der Vergleich beim Bildungssystem aufhört. Ein Vergleich in anderen Gesellschaftsbereichen bleibt aus und die Frage nach den Konsequenzen, die aus dem Bildungssystem folgen oder damit zusammen hängen wird nicht gestellt. Woher kommt die hohe Jugenarbeitslosigkeit. Wie sieht es mit der Knappheit an Studienplätzen aus usw.? Das sollen keine rhetorischen Fragen sein – ich bin an einer Antwort sehr interessiert.

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      • Du hat Recht, es gibt keine Garantie dafür, dass eine Systemänderung auch positiv funktioniert.
        Ein gutes Beispiel dafür ist das G8.
        In Sachsen funktioniert das schon seit über 30 Jahren. In Bayern anscheinend überhaupt nicht.
        Und Sachsen ist ebenfalls Spitzenreiter beim deutschen Pisa-Ranking.
        Dass dort eine viel höhere Arbeitslosigkeit herrscht als in Bayern, hat allerdings keinen davon abgehalten, das G8 auch hier einzuführen.
        Allerdings könnte Bayern ohne die Human-Ressource-Importe aus den übrigen, mit, aus bayerischer Sicht, minderwertigem Abitur und Hochschulabschluss, Bundesländern, seine positive Wirtschaftsbilanz nicht aufrecht erhalten.
        Ich sehe in der Analogie, hohe Jugendarbeitslosigkeit = schlechtes Bildungssystem, keinen Erkenntnisgewinn, da es auch in Bayern Regionen, mit einer seit Jahren bestehenden hohen Arbeitslosigkeit, gibt.

        Dass allerdings in Göttingen etwas gelingt (und nicht nur dort), das in Wilhelmsburg nicht gelingt, sehe ich, im Gegensatz zu dir, als positives Zeichen, denn was an einer ganzen Schule funktioniert, das sollte auch an anderen ganzen Schulen funktionieren. Wenn man (hier Lehrer genannt) das will. Falls man (hier nochmals Lehrer genannt) das nicht will, dann kann man das auch so scheitern lassen, dass, wie in Bayern, Direktoren einen ganzen Abiturjahrgang nach oben korrigieren müssen, weil sie sonst nicht so gut da stehen. Dort machen Lehrer auf dem Rücken der Schüler Politik, statt ihre Arbeit so zu erledigen, dass sie ihren Schülern Möglichkeiten eröffnen, statt diese zu verbauen.

        Beim Schreiben dieser Analyse kommt mir der traurige Verdacht, dass das deutsche Bedenkenträgertum, in Form des konservativen deutschen Gymnasiallehrers, die Hauptursache dieses Scheiterns einer positiven Veränderung sein könnte. Neben der systemischen Fraktalisierung, dass jeden Tag, zu jeder Zeit, an jedem Ort dieser Republik, das Rad in der föderalen Bildungswirklichkeit, von jedem Systemteilnehmer neu erfunden werden will, weil man den Erfahrungen der anderen misstraut und erst selbst die Fehler machen will, die die Anderen oft schon hinter sich haben. (Siehe das G8 in Sachsen und Bayern.)

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      • @Systemischer Quereinsteiger
        „…das deutsche Bedenkenträgertum, in Form des konservativen deutschen Gymnasiallehrers, die Hauptursache dieses Scheiterns…“
        Und immer wieder diese Spitzen gegen die Gymnasien. Vielleicht sollte man das einfach mal bleiben lassen und sich tatsächlich auf die wie auch immer gearteten Systemfragen konzentrieren. Mich (als Gymnasiallehrer) nervt das nämlich gewaltig, obwohl ich noch Berufsanfänger und ganz sicher noch nicht in alten Gewohnheiten verknöchert bin. Ich komme aus BaWü, wo die ach so tollen neuen Gemeinschaftsschulen in den Gymnasien – völlig zu Recht – misstrauisch beäugt werden (immerhin waren die bisherigen grün-roten Kultusminister mindestens so inkompetent wie ihre Vorgänger, die ich als Schüler und Student erlebt hatte).
        Oder, wie es Lisa Rosa schreibt: „Ich finde es gar nicht erstaunlich, dass “die Lehrer” bestimmte von oben angeordnete Änderungsmaßnahmen ablehnen, wenn jene nicht mit ihren Praxiserfahrungen zusammenpassen.“

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      • Wie meint ihr, kommen wir zum:
        KLUGEN LERNENDEN SYSTEM?

        Ich habe das Gefühle, alle reden sich immer nur raus.

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