Warum ich doch nicht Zynikerin geworden bin und wodurch meine Seele davor gerettet wurde

Natürlich wurde ich nicht als Theoriefreundin geboren. Im Gegenteil war ich von Anfang an denkfaul bis dorthinaus – jedenfalls dann, wenn ich denken sollte nach Vorschriften, die das Ergebnis bestimmen wollten und im Vorraus enthielten. Es erschien mir so langweilig wie Malen nach Zahlen. Erst später, als die unvermeidlichen Widersprüche in meiner Praxis mich bei Strafe des Untergangs zum theoretischen Denken zwangen, lernte ich die Vorschriften wissenschaftlichen Denkens und vor allem die Notwendigkeit von Vorschriften in der Vorgehensweise (nicht in den Ergebnissen wohlgemerkt) erst zu akzeptieren und dann zu lieben.

Ich wollte als junges Mädchen Töpferin werden, etwas Schönes mit meinen Händen, mit Matsch und mit viel Fantasie produzieren. Das kam nicht in Frage bei Bildungsbürgern der ersten Generation: Handarbeit. Da war man doch grade erst mühsam herausgestiegen! Wozu hatten meine Eltern soviel Bildung erworben, waren geradezu Humboldthörige geworden, gierige Wissensverschlinger, Denker, Leser, Schreiber und Diskutierer, und ganz entgegen den Gepflogenheiten ihrer Klasse und meiner Mutter Geschlecht! Doch nicht, damit alles wieder verloren ging in der nächsten Generation! Also dann: Studieren, irgend was mit Menschen. Und mit Bildung. Also Lehrerin. Wenigstens, wenn schon nicht Wissenschaftlerin.

Und als ich dann den jungen Menschen gegenübertrat mit frischem Elan und gebildeter Bildungsbegeisterung, da waren sie nicht immer so, wie es das Studium stillschweigend vorausgesetzt hatte: lernwillig, aufmerksam und formbar. Nicht im Kreuzberg der Westberlin-Zeit. Ich war es in meiner Schulzeit ja auch nicht gewesen, ganz im Gegenteil: ich bin häufiger wegen Renitenz aus dem Unterricht geflogen als jede andere in meiner Klasse. Aber das hatte doch an den Lehrern und dem langweiligen Stoff gelegen! Jetzt aber war ich die Lehrerin, und so konnte es ja jetzt nur an den Schülern liegen. Andere Möglichkeiten der Ursachenverortung hatten wir im Studium nicht gelernt. Alles war letzlich eine Frage persönlichen guten Willens. Einen Unterschied zwischen Normativem und Analytischem zu machen, hatten wir auch nicht gelernt.

Na klar, es gab natürlich das ungünstige bildungsferne Millieu, die Schicht oder die Klasse und die Sozialisation im Elternhaus, die aus Kindern solche Schüler machten, dass sie nicht zum Unterricht nach gelerntem Modell passten. Aber was das konkret bedeutete für Lernen, Schule und Lehrerverhalten? Keine Ahnung!

Im Lauf der ersten Jahre im Beruf baute ich fleißig Routine auf, und Durchwurschteln war der Hauptbetriebsmodus.
Von den alten (Ober-)Räten und Rätinnen konnte man überlegene „Tipps und Tricks“ erfahren, wie man die Schüler oder die Klasse – nicht etwa die Situation! – „in den Griff kriegt“. Strafen, Beschämen, Austrixen, Manipulation, unfairer Verrat der Schüler an strafende Eltern … alles dabei.
Und dann gewöhnte ich mich an den Lehrerzimmer-Talk mit dem lauten Stöhnen der Lehrer, kaum dass sie den Raum betreten hatten, über die „schreckliche 8b und den unmöglichen Alexander, der ja sowieso überhaupt nicht hierher gehört, und kennen Sie die Mutter? Ich sage Ihnen: Allein schon die Frisur!“
Andererseits gab es Lehrer, die hatten (als Klassenlehrer) soetwas wie ein heimliches Abkommen, eine Komplizenschaft mit ihren Schülern: Schuld an schwierigen Situationen hatte demnach immer der Fachlehrer, denn der Klassenlehrer selbst hatte ein prima Kumpelverhältnis und niemals Probleme mit seinen Schülern. Er nahm sie in allen Konflikten mit Fachlehrern in Schutz, der Fachlehrer wurde gar nicht erst gehört. Einmal setzte ein Klassenlehrer zusammen mit seinen Schülern eine Petition an den Schulleiter auf, mich aus der Klasse zu nehmen, die er als erster unterschrieb. Von dieser Petition erfuhr ich erst dadurch, dass sie während meines Unterrichts offen in der Klasse die Runde zur Unterschrift machte. Ich fiel aus allen Wolken, denn niemand, weder Schüler noch Klassenlehrer, hatte vorher je mit mir über Probleme gesprochen. Der Lehrer, danach befragt, was das für eine Art sei: „Demokratie!“

Mit voller Stelle nach einer in erster Linie auf Fachwissenschaft und Fachdidaktik reduzierten Ausbildung ohne jede Ahnung von Lernpsychologie, dann mit eigenen Kleinstkindern, dann alleinerziehend und alleinverdienend … überfordert … gestresst … übermüdet und von der unbefriedigenden eigenen Arbeitsqualität mit Selbstvorwürfen angefüllt, brauchte ich eine Strategie zum Überleben.
Da begab ich mich, ohne es zu bemerken, auf den Weg zur Zynikerin und zur Schülerverachterin, Selbstverachterin, Menschenverachterin. Ich wurde immer strenger. Ein Ausweg aus der Misere schien nur darin zu liegen, von mir selbst, von den eigenen Kindern, von Schülern, Eltern und Kollegen „reibungsloses Funktionieren“, Disziplin und Anpassung zu fordern, und das mit immer größerem Nachdruck, weil das Fordern ja nichts half …
Frau Rigorosa. Und irgendwann fand ich mich selbst gnadenlos. Und irgendwann bekam ich berechtigte Angst, meine eigenen Kinder könnten Angst vor mir haben.

Kollegiale Zusammenarbeit? Supervision? Hilfe? Mehrmals bat ich den Schulleiter, meinen Unterricht in einer schwierigen Klasse zu hospitieren. Er kam nie. Erst hieß es, er habe dafür keine Zeit, dann, das sei nicht sein Auftrag, ohne Anweisung von oben Kollegen zu beurteilen. Aber ich wollte Beratung, nicht Beurteilung. Aber dafür gab es offenbar keine Unterscheidung.
Eine Situation gemeinsam in den Blick zu nehmen und anders als voluntaristisch zu bearbeiten? Systemische Analyse und Erklärung? Einfach gesagt, war das nicht üblich, und was nicht übliche Praxis ist, ist zunächst auch nicht bekannt oder vorstellbar – es sei denn …

es bliebe einem nichts anderes mehr übrig.

Und so war es dann! Es blieb mir um der Gesundheit meiner Seele willen nichts anderes übrig, als alles auf neue Weise in den Blick zu nehmen und neu zu bewerten. Was war passiert?
Zweierlei kam zusammen, damit ich mich vom Paulus zum Saulus (von der Pauline zur Sauline) verwandelte:

Erstens hatte ich meinen Sohn geschlagen. Da war mir zugleich der Sinn des Mutterseins infrage gestellt.

Zweitens tauchte eines Tages plötzlich weinend und völlig aufgelöst ein frisch eingeschulter Fünftklässler im Lehrerzimmer auf und sauste wie der Blitz unter einen Tisch. „Raus! Aber dalli! Was fällt dir ein ohne anzuklopfen hier herein zu kommen!“ bellte der einzige Kollege, mit dem ich im Lehrerzimmer saß. Der Schüler bettelte darum, bleiben zu dürfen während der Pause, denn draußen lauerten die Klassenkameraden. Der Kollege hörte ihn gar nicht an, sondern schubste den Jungen unsanft hinaus. Ich ging mit hinaus, um zu sehen, was es gab, und tatsächlich war eine Meute hinter ihm her gewesen, die sich bei meinem Erscheinen zerstreute.
Ich stellte anschließend den Kollegen zur Rede, warum er den Schüler nicht angehört und geschützt habe. Er war sich keines pädagogischen Fehlverhaltens bewusst. Pädagogisch sei, für die Einhaltung der Regeln zu sorgen. Der Schüler hätte ja nicht geklopft. Und als ich anschließend andere Lehrer zum Problem befragte, zuckten die meisten ungerührt die Achseln und wandten sich ihren wichtigen Korrekturen zu.
Da war mir der Sinn des Lehrerseins infrage gestellt.

Ich war aber Mutter und ich wollte Lehrerin sein. Da musste ich mir wohl oder übel neuen Sinn beschaffen.

Ich hielt meinen Betrieb an, um in Ruhe und mit Abstand drauf zu gucken, denn ich hatte den Eindruck, es ginge ums psychische Überleben: Meines, das meiner Kinder und das meiner Schüler. Alles andere wurde Nebensache: Der Lehrplan, die Schule, die Kollegen, der Schulleiter. Was war das wichtigste? Ich fand: Gute Kommunikation. Wenn wir Zeit miteinander verbringen sollten, die Schüler und ich, dann ging es in erster Linie nur darum, dass wir alle, Schüler wie Lehrerin, diese Zeit anschließend als sinnvoll verbracht und mit Zufriedenheit betrachten konnten.
Und das zu gewährleisten, war meine Aufgabe. Und man konnte die Schüler daran beteiligen, herauszufinden, wie diese Aufgabe zu lösen sei. Eigentlich war es ganz einfach, die Schüler zu verstehen und die eigenen Kinder, denn wenn ich sie befragte, redeten sie tacheles. Aber Klartext kam erst, nachdem ich vorher zwei Fragen mit JA beantwortet hatte: Erstens, ob die Frage danach, wie sie eine Sache sähen, was sie gerne tun würden oder was ihnen am meisten Probleme machen würde, ernst gemeint war. Und zweitens wollten sie häufig wissen, ob sie „wirklich ehrlich“ antworten dürften.

Daraus, dass diese Voraussetzungen offenbar alles andere als selbstverständlich waren, ließ sich schon eine Menge lernen. Und als ich die Message begriffen hatte, schämte ich mich. Nicht so, wie ich mich eine Zeitlang immer im Traum geschämt hatte, weil ich mit heruntergelassenen Hosen auf einem Klo ohne Tür gesehen und ausgelacht worden war. Nein, ich habe mich für mein Verhalten geschämt. Für das eklatante Auseinanderfallen von Anspruch und Wirklichkeit, von Sagen und Tun.
Danach verschwand die Scham mit jedem Tag mehr, an dem ich Zeit mit Kindern, Jugendlichen und Jungen Erwachsenen verbrachte und die Kommunikation befriedigend war, und die Menschen, die mit mir Zeit verbringen mussten oder wollten, sich wohl dabei fühlten. Dass dabei gelernt wurde, konnte nicht ausbleiben.

Was meine Kinder zum Verstehen meiner Schüler beitrugen, war von unschätzbarem Wert. Sie erzählten aus der Schule und ließen sich befragen. Daraus konnte ich mir meinen Reim stricken, wie Schüler ticken, nämlich einfach wie Menschen einerseits, aber im Gewand einer bestimmten Rolle andererseits. Als Menschen konnte ich sie ernst nehmen wie Erwachsene. Respekt? Das bekommst du, wenn du Respekt gibst. Ein totsicherer Tipp! Und als ich es ausprobierte, änderte sich alles. Menschen lügen in der Regel nicht gerne, auch Schüler wollen nicht lügen. (Lehrer verhalten sich aber oft, als wäre es so.) Menschen wollen in der Regel gut mit anderen auskommen, auch Schüler. Menschen wollen im allgemeinen anerkannt werden und dafür etwas leisten, auch Schüler.

Und was meine Schüler dazu beitrugen, dass es mir, meinen Kindern und ihnen selbst in der Schule und in meinem Unterricht speziell besser ging, als je zuvor, ist ebenso vielfältig.
Schüler brachten mir bei, dass sie vor allem Respekt, d.h. Gehör und Gerechtigkeit verlangen. Mir geht es nicht anders. Und: Sie haben kein Problem damit, dass der Lehrer Fehler macht. Aber er muss sie zugeben und verbessern. Das ist nicht schwer zu verstehen und nicht schwer zu machen.
Schüler brachten mir vor 15 Jahren Computer und Internet bei – im Unterricht. Und dabei, während ich etwas übte, erledigten sie sehr ernsthaft ihre eigenen Aufgaben für meine Fächer. Wir hatten im Computerraum oft nicht nur viel Spaß, sondern auch so richtig fette Lernatmosphäre.
Meine wichtigsten Lehrer während meiner Lehrertätigkeit in Schule waren nicht andere Lehrer, Vorgesetzte oder Lehrerfortbildner, sondern Mandy, Louisa, Berenice und Alex, Jan und Max und viele andere von der 5a bis zum 4. Semester. Und es waren nicht nur einzelne Schüler, sondern oft ganze Gruppen.
Es begannen Jahre des Experimentierens und wilden Projektlernens. Sehr spannend war das, es gab überraschende Glücksmomente und unerwartete Schwierigkeiten, die zu überwinden neue Experimente und neue Projekte auslösten.

So war ich fürs erste gerettet.

Aber irgendwann war dieses Trial & Error-Modell, das Praxisprobleme nur mit neuen Praxisversuchen beantwortet, unbefriedigend. Und: meine neuen und guten Erfahrungen mit Schülern ließen sich nicht mehr mit den gewohnten Regeln erklären, denn ich musste dafür so viele übertreten oder ignorieren. Nicht nur gelernte Vorschriften im Ausführen von Unterricht, sondern auch alle möglichen Annahmen über Schüler und ihr Verhalten. Ich brauchte Hilfe. Und ich sprach einen Erziehungswissenschaftler an, den ich aus meinem Studium kannte und von dem ich wusste, dass er mehr wusste. Ich bekam ein jahrelanges wundervolles Zweitstudium mit einem Privatlehrer und mit mir bisher völlig unbekannten Denkrahmen und Denkstrategien. Ich lernte neu denken.

Noch immer ist die Welt nicht so, wie ich sie haben möchte. Aber ich komme zurecht.

16 Gedanken zu „Warum ich doch nicht Zynikerin geworden bin und wodurch meine Seele davor gerettet wurde

  1. Hach Lisa, danke für deine schonungslosen Reflektionen über das Lehrerinnenleben. Vieles darin kommt mir sehr bekannt vor, auch ich wurde damals ins kalte Wasser einer beruflichen Schule mit fachfremdem Unterricht und Klempner bis CTAs als Schülerspektrum geworfen… Ich war immer gerade für die entsprechende Stunde vorbereitet, und der „väterliche Rat“ des damaligen Direktors zu nicht vorhandenen Unterrichsmitteln und Lehrplan gipfelte im Öffnen seines Wandschranks, wo er fürsorglich den DUDEN Grammatik hervorholte, um mir die nächsten 2 Monate Unterricht zu ermöglichen. Hatte der ein Glück, dass ich damals noch keinen Widerspruch wagte! Sein Angebot, bei schwierigen Klassen sich in den Unterrichtsraum zu setzen , bezahlte ich dann 3 Jahre lang mit „Psychisch bedingt belastbar“ in den Beurteilungen, und ich Idition hab das auch immer noch unterschrieben, man stelle sich das vor….
    Dass es auch anders geht, konnte ich – zum Glück nicht nach so heftigen drastischen Erfahrungen wie du – dann selbst Schritt für Schritt im Dialog mit meinen Schülern erfahren… und siehe an, auf einmal machte mir Unterricht Spaß – nicht die Schule!- und dann fing ich an zu kämpfen. Für den Zugang zu Medien, zum Internet, für andere Lernformen, für andere mündliche Prüfungen. Und siehe da, es ist nichts Schlimmes passiert, meine Schüler haben auch die Prüfungen bestanden und ich war halt nur die Spinnerin … (vieles was ich damals einfach auf eigenes Risiko und in Absprache mit den Schülern gemacht habe, ist mittlerweile etabliert!) aber das hat mir nichts ausgemacht…. tja und so kämpfe ich noch heute, jetzt ausserhalb der Schule… für eine Veränderung des Lernens und Lehrens … und so hab ich dich, liebe Lisa auch kennengelernt, auch wenn wir uns noch nie perönlich gegenüberstanden …. aber das kriegen wir auch noch hin !

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  2. Liebe Lisa,
    vielen Dank für diesen mutigen und wichtigen Blogpost. Ich kann vieles nachempfinden. Wenn ich so zurückschaue, kann ich mich durchaus an Phasen in meinem Lehrerinnendasein erinnern, in denen ich ebenfalls Gefahr lief, zynisch zu werden. Ich war erst eine gute Schülerin, dann eine gute Referendarin. Ich lernte schnell, Stunden so zu konzipieren, dass die Schülerinnen und Schüler aus meinem Einstiegsmaterial wie aus sich heraus, gute und problemorientierte Fragen stellten, die in der Regel zum von mir vorab festgelegten Ergebnis führten. Guter Unterricht war möglichst effiziente und gleichzeitig unauffällige Manipulation. Das merkten die SuS natürlich. Die sind schließlich klug. Aber sie konnten nichts dagegen tun. Ich war die Lehrerin. Auch die Referendare, für die ich zuständig war, bildete ich so aus. Und legte großen Wert auf eine genau durchdachte Didaktik. Ich sage heute nicht, dass das schlecht war oder dass die SuS nichts gelernt hätten. Sicher nicht. Nur: das Lernverständnis und das Verständnis meiner Lehrerrolle war ein anderes als heute. In diesem hierarchischen System gehörte ich gegenüber den SuS zu denen, die „oben“ waren. Und ich hatte Angst davor, „unten“ zu sein. Also strengte ich mich wahnsinnig an und versuchte Fehler um jeden Preis zu vermeiden. Das ging eine Weile gut, bis ich merkte, dass ich mich in diesem Bemühen, bloß nicht unterlegen zu sein, mit zunehmend zynischen Aussagen gegen alle mögliche Unbill des Lehrerdaseins wappnete. Als ich es merkte, war ich erschrocken, wie hart ich zuweilen sein konnte. Und wie es so oft ist, kam ich just zu diesem Zeitpunkt zur Individualpsychologie und zur Ermutigung. Hier ging es um Gleichwertigkeit statt um Hierarchie. Ich lernte, dass das Bestreben, überlegen sein zu wollen, aus einem mangelnden Selbstwertgefühl heraus entsteht, und ich traf Menschen, die sehr geübt in (Selbst-)Ermutigung waren und eine so große Gelassenheit ausstrahlten, dass man sich gern in ihrer Nähe aufhielt. Ich lernte, dass jemand, der überlegen oder fehlerlos ist, vielleicht bewundert, aber nicht geliebt wird, dass man vielleicht zu ihm aufschaut, ihm aber nicht nahe sein möchte. Es war sicher eine der besten Entscheidungen meines Lebens, die Ausbildung zur Ermutigungstrainerin zu absolvieren. Das hat mein Lehrerinnendasein komplett verändert. Und jetzt arbeite ich an meinem Mut zur Unvollkommenheit, der die Voraussetzung für persönliche Entwicklung ist, und im Diskurs an der Realisierung eines neuen Lernbegriffs und bin neugierig, was noch alles kommen mag.

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  3. Was für ein Bericht! Vielen Dank. Er bewegt mich, lässt mich dich sehen und erleben in diesen vielfältigen Situationen, die du schilderst, lässt mich mit dir den Weg gehen – der auch mein Weg war irgendwie, in der Art – von der mit „gebildeter Bildungsbegeisterung“ angegangenen Praxis zu den Krisenpunkten, von da zu tragenden Einsichten und zur veränderten Praxis, und von da noch weiter zu umfassenderen Einsichten, vertiefter und anderer Praxis und einer neuen Art zu denken. Die Schule als wirkliche Lebensschule, die eigenen Kinder als Lebens- und Lernbegleiter… Ja, ich glaube dir, dass du „zurecht kommst“! Und ich wünsche dir von Herzen viele, viele, denen du (weiterhin) diese inspirierende Dialog- und Lernpartnerin sein kannst, als die wir anderen dich kennenlernen durften und dürfen.

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  5. DANKE für deine Gedanken und Worte LISA!!! Ich habe mich übrigens an vielen Stellen widergefunden (und ich glaube, dass geht vielen KolegInnen so?), denn meine Zeit als Refrendar war eine echte Krise für mich. Aber zum Glück hab ich meinen Weg = eine Schule, die mich mag und die ich liebe! = gefunden – eine kleinen und ganz aktuellen Einblick in unsere Welt der demokratischen Schulen gibts hier: https://www.youtube.com/watch?v=4Ud7SX7ZHdc
    Beste Grüsse aus dem Elternjahr (vom glücklichsten Papa der Welt)
    bennit;o) https://bennitos.wordpress.com/

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  6. Liebe Freunde, ich danke euch sehr für euer Feedback und eure sharings. Jetzt bin ich sehr bewegt. Ja, tatsächlich hatte ich Angst davor, wie meine persönlichen Offenbarungen aufgenommen und beantwortet würden. Darum habe ich mir vorher bei Corinna Lammert, die professionelle Ermutigungs-Pädagogin ist, Mut geholt. Hat gewirkt. Herzlichen Dank!

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  7. Zunächst einmal großen Respekt für die hier an den Tag gelegte Offenheit und den Einblick in Deine Geschichte und Gedanken!!!
    Verschiedene Passagen haben mich an Erlebnisse meines eigenen pädagogischen Werdeganges erinnert; sei es als Schüler, Lehrender, Student oder Praktikant. Ich habe Fehler gemacht (werde das voraussichtlich auch noch tun), habe versucht aus ihnen zu lernen und sie nicht zu wiederholen. Teilweise gelang dies gut und schnell, teilweise arbeite ich immer noch daran. Dessen ungeachtet versuche ich meine Überzeugungen in meiner pädagogischen Praxis zu leben. Punkt.
    Was über die Jahre aber zunehmend zu Zynismus bei mir führt ist die „kognitive Dissonanz“ (höflicher kann ich es nicht benennen) des Bildungssystems an sich. So habe ich in Schulen Erfahrungen gemacht, wo Außendarstellung der Institution, Macht und Position des Personals und (eigene) Bedürfnisse der Eltern mehr galten als die SuS mit ihren Wünschen, Problemen oder Fragen. Ich erlebe eine Ausbildung für Lehrer_innen, die in ihrer Form viel zu oft diametral ihren Inhalten gegenübersteht. Ich erlebe ein (Bildungs)System, welches vorgibt Persönlichkeitsentwicklung und Gemeinschaftssinn fördern und unterstützen zu wollen, letztendlich aber „funktionierende Zahnräder für eine nicht zu hinterfragende Maschine“ fordert und Selektion praktiziert. All dies empfinde ich als ziemlich zynisch und habe oft genug nur den eigenen Zynismus um es zu ertragen.
    Die Konsequenz für mich, mein Weg zur „Seelenrettung“, ist nicht gute Miene zum bösen Spiel zu machen, sondern dem bösen Spiel zynisch entgegen zu lachen und täglich daran zu arbeiten ein besserer Pädagoge zu werden als ich es am Vortag war und der Pädagoge zu sein, den die SuS meiner Meinung nach (im positivstzen Sinne) verdient haben.

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  8. Liebe Lisa, ich finde es total wichtig, dass so was mal gesagt wird, mal offenbart wird und sichtbar wird, wie sehr auch LehrerInnen immer wieder im System gefangen sind und nicht glücklich. Wie sie sich selbst verlieren und dass das System nicht nur den Kindern schadet, sondern eben auch bei den Erwachsenen Schäden anrichtet, kaltherzig macht…
    Und danke @ Corinna, dass du Lisa Mut gemacht hast!
    Ich freu mich auf Euch am 26.4. in Frankfurt!

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  13. Meinen allergrößten Respekt für diesen offenherzigen und lesenswerten Beitrag! Der Text ist fraglos von großem persönlichen Nutzen für Sie selber, weil Sie dadurch Ihre eigenen Gedanken ordnen und Klarheit in das übergeordnete emotionale Geschehen bringen. (Das Emotionale ist ja letztendlich immer das für das Handeln Bestimmende.) Er ist aber auch erhellend für alle lesenden KollegInnen, die Bezüge zum eigenen Erleben ableiten, ganz neue Formen der Auseinandersetzung für sich entdecken oder nur die Bandbreite des Erlebbaren neu erfahren können. Blogs sind für schreibbegabte und medienaffine LehrerInnen eine großartige Methode, sich auf diese kreative Art und Weise persönlich weiterzuentwickeln und beruflich fortzubilden.

    Aber was ist mit denen, für die dieser Weg keine Option darstellt? Mein ewiges Mantra lautet in dem Zusammenhang so: Es ist mir ein Rätsel, wie insbesondere bayerische Schulen ohne das wunderbare Instrumentarium der kollegialen Intervision durch den Alltag kommen! Wo gibt es das schon, dass sich an Arbeitsplätzen, an denen professionell mit Menschen gearbeitet wird, die Teams nicht regelmäßig ihr Tun und ihre Empfindungen reflektieren und austauschen! (Damit ist nicht nur der Austausch über fachdidaktische und pädagogische Themen gemeint, sondern in erster Linie der über die Schüler-Lehrer- und gelegentlich der über die Lehrer-Lehrer-Beziehung.

    Auch deshalb erscheint mir der oben stehende Beitrag als so wertvoll. Er zeigt auf, dass die Autorin in der persönlichen Auseinandersetzung mit den Schülern einen gewissen Weg alleine gehen konnte. Dann folgte der Dialog mit einem Ansprechpartner vom Fach, und der ging mit einem neuerlichen Entwicklungs- und Erkenntnisschritt einher.

    Nicht jeder kennt Spezialisten und ausgewiesene Fachleute. Nur braucht es die nicht zwingend. Es genügt, dass alle Lehrer KollegInnen haben. Und sie haben Vorgesetzte, denen bekannt sein müsste, wie wichtig in der pädagogischen Arbeit der kollegiale Austausch ist. Oder nicht?

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