„Neinnein, ich will nicht selbst bloggen, ich brauche es im Unterricht zur Aktivierung der Schüler.“
„Bloggen ist aber aufwendig! Ich dachte, ich könnte damit wertvolle Vorbereitungs-Zeit sparen!“
„Ich hab es mal im Unterricht probiert, aber die Schüler sind nicht lange dabeigeblieben.“
Langsam hat sich herumgesprochen, dass man irgendwas mit interaktiven Medien im Unterricht machen muss (*stöhn*). Dann kriegt man die Schüler eher zur Mitarbeit im Unterricht – das wird unter Partizipation verstanden – , denn die finden diese Medien ja ganz toll, und muss nicht alles alleine machen und den lethargischen Herumhängern alles mit Gewalt aus der Nase ziehen. Außerdem spart es Zeit, denn man muss nicht alles tausendmal sagen, da die Schüler sich alle Anweisungen dort abholen und keine faulen Ausreden mehr haben, sie hätten nix gewusst.
Das ist so zusammengefasst die Wunschvorstellung von vielen (zukünftigen) Lehrern, wenn sie „Bloggen in der Schule“ lernen wollen. Möglichst schnell und efffffizient, d.h. ohne Aufwand und ohne Eigeninteresse. Und natürlich stellen sie ganz schnell fest, dass es viele Voraussetzungen dafür gibt, dass „Unterricht mit Blogs“ gut wird. Und dass diese Voraussetzungen überhaupt nicht selbstverständlich gegeben sind: Weder bei der Institution, noch bei den Schülern, noch bei den Lehrern selbst. Wie enttäuschend! „Blogs taugen eben doch nicht zum Lernen und sind bloß ein blöder Medienhype!“ heißt es dann. Denn in die herkömmlichen Unterrichtsbedingungen hineingezwungen, können solche Medien aus einer anderen Epoche als der des Unterrichtens ihre Potenziale gar nicht entfalten. Aber die Lehrer, die das nicht wissen, sind von den Schülern enttäuscht, „die nur kurz am Anfang neugierig waren, aber schon bald wieder die Lust verloren haben. Deswegen muss man alles, was man ihnen eigentlich als Gnadengeschenk für freiwillige Zusatz-Leistungen angeboten hat, jetzt wieder verpflichtend machen und kontrollllllllllieren und benoten. Diese bildungsunwilligen Schüler sind eben nicht intrinsisch motivierbar.“
Aber die Erwartungen waren ja einfach nur falsche.
Ich heiße es nicht gut, den Lehrern irgendeine neu-alte digitale Medienform (Blogs, Twitter, Facebook, Etherpad …) heimlich unterzujubeln oder mit falschen Versprechungen zu verkaufen, und gerade damit zu verhindern, dass Folgendes deutlich geklärt wird:
Denn die alle Innovationen bis zur Unkenntlichkeit implementierende Schule kriegt ja immer noch nicht „Unterrichten“ und „Lernen“ auseinandergehalten. Leider ist es nicht leicht, Trojanische Pferde einzuschmuggeln, ohne diese untauglichen Versuche des „Alten Lernens mit Neuen Medien“, also die Gleichsetzung von Lernen mit systematischem institutionellem Belehren zu bestätigen.
Nein! Blogs sind keine Online-Plattformen für Hausaufgaben und Arbeitsbögen!
Und Nein! Blogs sind keine Zauberstäbe, mit denen man aus gelangweilten und lustlosen Schulsozialisierten mit einem *hexhex* begeistert und lustvoll lernende Flow-Glückspilze macht, die plötzlich immer wollen, was sie sollen!
Wenn meine Referendare diesen verbreiteten Irrtümern über die „Neuen Medien“ aufsitzen, finde ich das insofern nicht weiter verwunderlich oder enttäuschend, weil sie es ja so gelernt haben. Und ich freue mich, dass sie bei mir gelandet sind, damit sie altes Wissen vergessen und umlernen (was Lernen im Grunde ja immer ist.)
Dass aber auch häufig Medienpädagogen immer noch viele dieser Irrtümer aus ihren ungeprüften Alltagsbegriffen von Medien und Lernen mit sich herumtragen, z.B. wenn sie „von den Schülern bzw. Studenten enttäuscht“ sind, weil diese „nicht wissen, wie man mit Neuen Medien lernt, sondern nur spielen oder Privatkram damit machen“, das ärgert mich viel mehr.
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Ein interessanter Artikel, der jedoch einen Makel hat: Darf ich die Frage wagen, woher Sie, werte Frau Rosa, wissen, dass es die in dem Artikel beschriebenen Fehlurteile über Blogs gibt? Kann es sein, dass Sie selbst Vorurteilen über die Lehrkräfte an den Schulen aufsitzen? Ich finde es auch – euphemistisch gesagt – sehr selbstbewusst von Ihnen, dass Sie sich offensichtlich im Besitz des didaktischen Grals wähnen und dieses Wissen dann an die fehlgeleiteten Referendare weitergeben können, die – vom System verdorben – Gott sei Dank bei Ihnen gelandet sind. Möglicherweise stünde Ihnen ein positiveres Lehrerbild gut zu Gesichte. Und ein wenig weniger an Hybris.
Vielleicht können Sie mir und den geschätzten Lesern verraten, warum Blogs mit dem Prädikat „So geht Lernen!“ adäquat beschrieben sind? Das klingt doch wirklich sehr naiv und technikverliebt.
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ach, gut dass Sie auftreten, ich werde im nächsten Modul auch was zu Trollen sagen
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Na, wirklich, das lohnt sich doch nicht. Da fühlt sich einfach jemand persönlich getroffen, der zu naiv und selbstverliebt ist, um über Argumente nachdenken zu können.
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Werte Frau Rosa, mir ist durchaus bewusst, dass ich durch meine dezidiert kritischen Nachfragen die Behaglichkeit Ihrer Filterblase zersteche. Es zeugt jedoch von wenig Souveränität, wenn Sie Kritik mit Trollerei gleichsetzen. Ja, meine Argumente zielen ad personam, was aber nicht per se schlecht ist, wenn man die Probleme in den Einstellungen und Haltungen einer Person ausgemacht hat. Ich versuche, Ihnen bewusst zu machen, dass Sie möglicherweise Ihre Haltung gegenüber den Kollegen an den Schulen kritisch überdenken sollten. In meinem Kollegium spielen wir jedenfalls amüsiert „Lisa-Rosa-Bingo“, wenn wieder einmal die üblichen Buzzwords in Ihren Beiträgen auftauchen. Ich will nicht trollen. Ich möchte Ihnen nur nahe bringen, dass die Schulwirklichkeit nicht so düster aussieht, wie Sie es vermutlich Ihre Referendare lehren. Ich hoffe, dass sich unter den angehenden Lehrern auch solche finden, die sich ebenfalls herausnehmen, außerhalb der Filterblase zu denken und Kritik nicht per se als Trollerei abzuqualifizieren. Einstellungen, die sich gegen Kritik zu immunisieren versuchen, sind irrational und dem Glauben nahe.
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Ja wunderschön, danke für die Vorlage. Ein Kritiker spricht über die Sache, ein Troll über die Person.
Das ist auch wieder schönes Lernmaterial wie aus dem richtigen Leben.
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Ich freue mich auf jeden Fall darauf, dass Du, Lisa, zu unserem Schulentwicklungstag im Mai kommst, um den interessierten Kolleginnen und Kollegen das Arbeiten mit Etherpad zu zeigen, und hoffe darauf, dass Du ihnen auch ein wenig über den Kontext, zu dem eben auch ein anderer Lernbegriff gehört, vermitteln kannst.
Und ja: wir Blogger verkünden zuweilen im Brustton der Überzeugung, was doch immer nur unser derzeitiger Stand des Irrtums ist – aber wir wissen, dass es unseren Lesern auch so geht.
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Ich freu mich auch und bin gespannt, Hanjo – und es ist ja ein schöner Anlass zum Kennenlernen. Als Lehrer basher war ich bislang nicht grad verschrien. Ganz im Gegenteil.
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Hab ich auch nicht so wahrgenommen. – Bis denne!
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Wenn man das Thema von „Blogs“ zu „online-Kommunikation“ erweitert, wird die Problematik vielleicht deutlicher. Wir LehrerInnen sind in diesem Gesamtbereich sicher noch deutlich unterrepräsentiert. In Social Media wie Facebook gibt es sehr viele aktive Fachgruppen aus allen nur denkbaren Disziplinen, aber sehr wenige Fachgruppen für bzw. von LehrerInnen. In den großen Fachgruppen wie z.B. „Medienpädagogik“ wird genau das betrieben, was oben im Artikel als typisch für Blogs dargestellt wird: Vernetzung, Kommunikation, Diskussion, Austausch von Videos, Audios, Infographiken etc. Der zentrale Zweck ist: Lernen, selbstbestimmt und kollaborativ. In den schon bestehenden Lehrergruppen bei Fb gibt es immerhin schon zaghafte Schritte in diese Richtung, man spürt aber noch das vorherrschende Bedürfnis, die Gruppen als Content-Lieferant für den Unterricht zu benutzen. Bei den etwas länger bestehenden und größeren Gruppen zeigt sich schon deutlicher die Tendenz zu Kollaboration und Diskussion. Wenn man dagegen die Gelegenheit hat, in bestehende Schüler- oder Studentengruppen hineinzuschauen, was aus verständlichen Gründen schwierig ist, stellt man enorme Unterschiede fest. Hier wird unglaublich schnell und intensiv kommuniziert, schwierige Probleme werden oft aufwändig in langen Threads behandelt. Natürlich werden dort auch Gelegenheiten geschaffen zum Abschreiben von Hausaufgaben oder Austauschen von Referaten, aber vorherrschend ist die Kollaboration. Vor allem Richtung Abitur oder Examen wird diese Arbeitsweise deutlich. Auch im Ausbildungsbereich bis hin zur Meisterprüfung sind solche Arbeitsformen normal. Wenn wir LehrerInnen im Schulbereich die Möglichkeit schaffen, solche selbstbestimmten Formen von Lernen freizusetzen, z.B. in Schülerfirmen, selbstorganisierten Events, Projekten etc. – also in Freiräumen, die den gewohnten „Unterricht“ kurzfristig aushebeln, sehen wir den qualitativen Unterschied. Im „normalen“ Unterricht funktioniert das leider nicht, da werden diese wertvollen Instrumente entwertet. Umso wichtiger sind daher die wenigen zarten Pflänzchen, die es gibt, eben Blogs, Wikis, Facebook-Gruppen, Foren, Youtube-Kanäle etc. Je stärker die Arbeit dort selbstbestimmt ist, desto lebendiger wird sie. Jedes Video bei Youtube, das in einer Projektarbeit entstanden ist, zeigt das, jede Facebook-Seite zur Vorbereitung von Abiturfeiern u.ä. zeigt dies ebenfalls. Und wenn wir in den beruflichen Weiterbildungsbereich schauen, ist die Tendenz international und national völlig klar: Die „Buzzwords“ wie Networking, eLearning, mobile Learning, MOOCs, Blogs, Social Media, Collaboration, Cooperation, PLE, PLN etc. sind absolut dominant und unverzichtbar.
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Ein sehr zutreffender Artikel!
Ein Blog kann nur so gut wie sein Inhalt sein. Damit ist er nicht automatisch per se eine Bereicherung für den Unterricht.
Bei Blogs werden, wie bei anderen Medien, oftmals die Technik mit dem Inhalt verwechselt.
Ich habe den Eindruck gewonnnen, dass im Bereich „e-learning“, „Neue Medien“ und Web 2.0 zwar gern mit Tools gespielt wird, der Inhalt aber nicht entsprechend spezifiziert wird. Wenn man einen Blog zum kollaborativen Lernen einsetzen möchte, müßte man sich schon die Mühe machen, ein spezifisches didaktisches Konzept zu entwickeln und die Sprache und INhalte an das Medium anzupassen.
Das bedeutet allerdings zunächste einen erheblichen zusätzlichen Aufwand und ist garantiert nicht zeitsparend.
Übrigens: Einige der Kommentare sind absolut faszinierend. ROFL.
Ein Beitrag zu Trollen wäre sicherlich eine gute Idee.
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Sehr interessanter Artikel. Wie es konkret mit Vorurteilen zu neuen Medien im weitesten Sinn und Versuchen zur Einbindung dieser Medien in den Unterricht aussieht, weiß ich nicht. Auch nicht, was Lehrer wissen und können und wo ihre Ausbildung zu kurz greift. Ich bin kein Lehrer, und meine Kinder sind noch nicht im internetfähigen Alter. Aber wenn ich an meine Schulzeit zurückdenke, fällt mir eine Parallele auf:
Früher wurde im Unterricht immer mal gern mit Filmen gearbeitet. Die Annahme war damals, dass das Medium Film irgendwie aufregend und cool ist und deshalb die Schüler begeistern und zur eifrigen Mitarbeit anregen müsste. Das hat aber nicht funktioniert. Ein als langweilig empfundener Stoff wird nicht dadurch interessant, dass man ein paar grundlegende Informationen per Film statt per Textblatt präsentiert. Und selbst wenn der gewählte Film irgendwie spannend, witzig oder sonstwie interessant gewesen sein sollte, stehen die paar Minuten Sehvergnügen in keinem Verhältnis zu den Stunden dröger Lernarbeit, die dann folgen. Damals wurde die motivierender Wirkung des Einsatzes solcher Medien meiner Meinung nach grundsätzlich weit überschätzt.
Dazu kamen handwerkliche Fehler. Wer hat es nicht erlebt, wie ein Lehrer den größten Teil der Stunde damit verbringt, den Filmprojektor in Gang zu kriegen, den Film einzufädeln (erst falschrum, dann springt die Spule aus der Halterung, dann brennt die Projektorlampe durch, der Hausmeister bringt Ersatz, nachdem er ihn endlich im Keller der Turnhalle aufgetrieben hat, und zum Pausenklingeln läuft endlich der Vorspann. Oder der (oft genug fehlbediente) Videorecorder macht Bandsalat, und statt den Film zeigen zu können, muss der Lehrer den Stoff dann eben nacherzählen.
Die heute neuen Medien, etwa Blogs und Internetanwendungen überhaupt, werden sich von den guten alten Filmen hinsichtlich ihrer motivierenden Wirkung nicht grundsätzlich unterscheiden. Die Tatsache, dass alle Jugendlichen Handys cool finden, ist kein Grund, dass irgendeine Unterrichts-App deshalb automatisch begeistert mitarbeitende Schüler hervorbringt. Schüler sind nicht blöd, die merken sehr genau, wenn man ihnen alten Wein in neuen Schläuchen verkauft. Wenn technische Spielereien nur als Fassade über denselben langweiligen Trott gelegt werden, verlieren sie sehr schnell den Reiz des Neuen.
Und das Handwerkliche will auch im Umgang mit Blogs und ähnlichem gelernt sein. Es reicht sicher nicht, einfach „was mit Internet“ zu machen. B. Wurche hat recht, Technik ist noch kein Inhalt. Wenn die Schüler sowieso nicht ausreichend motiviert sind, wird es auch mit neuen Medien nichts. Die Motivation muss von woanders kommen, aus Wissensdurst, Forscherdrang und einer Atmosphäre, die das Lernen begünstigt (ohne dass ich sagen könnte, wie man das alles hinkriegt). Und bei diesem letzten Punkt können neue Medien sicher gut genutzt werden. Man muss jetzt nur noch herausfinden, wie das sinnvoll geht.
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Danke für diese schöne realsatirische Schilderung. Sie trifft den Nagel in vielen Fällen auf den Kopf. Aber zum Glück gibt es ja doch schon viele und immer mehr Lehrer, die anderes wollen und anderes können und bereit sind, zu experimentieren und ihre eigene Professionalität zu entwickeln. Und es ist auch glücklicherweise nicht mehr so, dass jetzt from scratch erst mal herausgefunden werden muss, wie es sinnvoll geht, weil viele Lehrer schon gute Praxis damit haben, die man sich auch im Netz anschauen kann.
Beispiele? In der Blogwerkstatt http://lisarosa.wordpress.com gesammelt, aber auch speziell z.B. die Arbeit von André Spang in der KAS Köln http://www.andre-spang.de/andre-spang.de/edu.html oder hier ein einzelnes Blogbeispiel von Max v. Redecker und mir: http://migrationintegration.wordpress.com/ und viele andere.
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Es gibt, das ist in meinem Kommentar leider etwas zu kurz gekommen, natürlich viele Dinge, die gut funktionieren. Fähige Lehrer, die mit Enthusiasmus und Herzblut unterrichten, tolle Ideen haben und neue Dinge zum Laufen kriegen. Von solchen Lehrern hatte ich auch einige, und ihnen verdanke ich eine Menge! Außerdem machen auch die Fähigen immer wieder Fehler, und nicht jeder, der Fehler macht oder mit egal was nicht zurechtkommt, ist deshalb gleich ein Versager!
Die hakeligen Stellen fallen natürlich immer viel stärker auf, als es ihnen im großen Zusammenhang gebührt. Andererseits sind das aber auch die Stellen, wo man ansetzen muss, um Dinge zu verbessern, von daher passt es dann auch wieder.
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Reblogged this on mon.blog.perso. und kommentierte:
Probiere grad die Reblog Funktion aus. 😉
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Danke Serendipity – das Französisch-Blog kann ich grade gut für einen Referendar gebrauchen, der Anregungen und Beispiele für seinen Franz-Unterricht sucht 🙂
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