Projektlernen im digitalen Zeitalter

And now for something completely different – kurz und niedrigschwelligst :

Für eine Zeitschrift für Schulverwaltung war ich aufgefordert einen Artikel zum (Projekt-) Lernen im digitalen Zeitalter zu schreiben. Und obwohl für die Zeitschrift ein ziemlich langer Artikel, für mich das bisher kürzeste Werk mit Rundumschlag von Big Picture bis zum operativen Geschäft. Und noch viel besser: Ich habe mich sehr bemüht, möglichst verständlich zu schreiben.
Erschienen ist der Artikel hier unter folgendem Titel/Untertitel:
Wie können die digitalen Medien Projektlernen unterstützen? Die Idee, die ditgitalen Medien könnten Lehrerarbeitszeit einsparen, ist nicht nur naiv, sondern gefährlich, in: Schulverwaltung. Fachzeitschrift für Schulentwicklung und Schulmanagement Niedersachsen 5.2019, S. 134-138
Und so war er ursprünglich getitelt (Inhalt derselbe):

Vom Unterrichten zum Lernen-Lernen-Anleiten

Was die Epoche der Digitalität von der Bildung fordert und wie das Digitale hilft, diese Erfordernisse umzusetzen

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Lernen anleiten im digitalen Zeitalter. Verstehen und praktizieren

Am Titel ist zu sehen, dass ich bewusst das Wort Unterricht vermeide. Ich halte es für günstig, die Tätigkeit der Lehrkräfte in Schule von diesem Begriff zu entkoppeln und erst einmal wieder ganz weit zu formulieren: Wir leiten etwas an. Wie, ist damit noch nicht gesagt. Aber deutlich gesagt ist, was wir anleiten: Lernen. Und damit wird der Fokus auf die Tätigkeit derer gelegt, für die wir da sein sollen: die Schülerinnen und Schüler.
Ich sage auch nicht „digitales Lernen“ oder „digitale Schule“, weil Lernen und Schule nicht digital sein können. Aber ich sage digitales Zeitalter, weil ich denke, dass die Digitalität das entscheidende Merkmal der ganzen Epoche ist, in die wir hineinwachsen.
Und zum Untertitel: Ich denke, dass unsere Praxis, die Art und Weise, wie wir Lernen anleiten, auf unser Verständnis davon verweist, wie Lernen geht, was und wie Schüler sind und welches unsere Rolle als Lehrkräfte dabei ist. Und da an der gesellschaftlichen Praxis insgesamt (vor allem außerhalb der Schule) einiges im Umbruch ist, muss sich auch unser pädagogisches Verständnis verändern. Deshalb erst etwas zum neuen Verständnis und dann ein Teil zur neuen Praxis.

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Lernen im digitalen Zeitalter

Hier der Vortrag zur Prezi auf der eEduca 2017 in Salzburg

0 Übersicht

Ein Blick darauf, was in meinem Vortrag „Lernen im digitalen Zeitalter“ zu bekommen ist:
(1) Eine Einführung ins Problem der „digitalen Bildung“;
(2) führt zu der notwendigen Überlegung, wie der Zusammenhang von Medien und Gesellschaft aussieht.
(3)
Das, was wir unter Wissen und Lernen verstehen, muss daraufhin neu überdacht werden; Was können bzw. müssen wir uns unter den gesellschaftlichen bzw. kulturellen Bedingungen der Digitalität unter Wissen und Lernen vorstellen?
(4) Die Folgen für die Lernprozess-Organisation im Unterricht heißen v.a. Dingen: Projektlernen spielt eine viel größere Rolle als bisher. Warum? Und wie geht das? Und wie geht das unter Zuhilfenahme der digitalen Medienformen? Und schließlich
(5) Professionelle Lerngemeinschaften und Persönliche Lernnetzwerke für das Lernen der Lehrer werden die kommenden Formen der systemisch organisierten und selbstgesteuerten Lehrerfortbildung sein. Weiterlesen

Welche „digitale Bildungsrevolution“ wollen wir?

„Hauptsache digital, alles andere egal!“ war gestern

Aufregung herrscht unter den „digital affinen“ Pädagogen: Etwas ist ganz anders als noch im letzten Jahr. Mitglieder der „Netzgemeinde“, die „Computerfreaks“, die bisher fast überall „in Bildungskontexten“ als verschroben belächelt wurden, werden ernstgenommen und hoffähig. Sie sind plötzlich als Berater für die große Politik gefragt, werden als Referenten in Kultusbehörden eingestellt und zu Vorträgen vor Politikerrunden und Initiativen zur „Digitalisierung der Bildung“ eingeladen (von den üblichen Workshops und Vorträgen für Lehrer und andere Bildungsakteure ganz abgesehen). Da jubelt der Digitale-Bildung-Freak. Weiterlesen

Lernen mit Weblogs – oder: Wie man aus Gold Scheiße macht.

„Neinnein, ich will nicht selbst bloggen, ich brauche es im Unterricht zur Aktivierung der Schüler.“

„Bloggen ist aber aufwendig! Ich dachte, ich könnte damit wertvolle Vorbereitungs-Zeit sparen!“

„Ich hab es mal im Unterricht probiert, aber die Schüler sind nicht lange dabeigeblieben.“

Langsam hat sich herumgesprochen, dass man irgendwas mit interaktiven Medien im Unterricht machen muss (*stöhn*). Weiterlesen

Projektlernen heißt, an den eigenen Fragen zu arbeiten.

„Individuelles Lernen heißt nicht, jeder lernt Dasselbe allein, sondern alle lernen gemeinsam Verschiedenes.“

Diesen Satz haben wir – Max v. Redecker und ich – auf die Rückseite unserer Lehrerhandreichung geschrieben, die gerade beim Drucker bei mir im Büro liegt. Wir finden den Satz deswegen so wichtig, weil so viele LehrerInnen mit einem Modell von Individualisiertem Unterricht arbeiten, das den SchülerInnen nur das Tempo, die Art & Weise und das Anforderungsniveau des Lernens in die eigene Verfügung stellt. „Herauskommen“ muss „hinten“ aber dann doch dasselbe, was für alle SchülerInnen als Output (früher Lernziel genannt) vorgegeben ist. Das heißt dann aber doch: Alle SchülerInnen lernen dasselbe – nur eben nicht mehr zur gleichen Zeit und vielleicht nicht auf dieselbe Art und Weise und in derselben Reihenfolge. Aber am Ende des Schulhalbjahres müssen sie doch auf dem gleichen Stand(ard) angekommen sein und Dasselbe wissen. Weiterlesen

Die Wahrscheinlichkeit für engagiertes Lernen erhöhen

Dass Lernen eine Funktion von Selbststeuerungsprozessen psychischer und sozialer Systeme ist, könnten Lehrer seit Dieter Lenzens Luhmann-Band Niklas Luhmann, Schriften zur Pädagogik wissen. Aber auch aus der eigenen Praxis und ohne die Systemtheorie zu bemühen, „wissen“ langjährig praktizierende Lehrer tief innerlich, dass SchülerInnen durch nichts gezwungen werden können, bestimmte Dinge zu lernen, und dass sie, selbst wenn sie bereitwillig lernen, am Ende nicht unbedingt das gelernt haben werden, was die LehrInnen gewünscht hatten, sondern „ihr eigenes Ding draus gemacht haben“. Dass genau das gelernt wird, was die Lehrperson möchte, ist in manchem sogar eher unwahrscheinlich. Nichts anderes ist mit der Selbststeuerung gemeint. Tests und Klassenarbeiten fragen eigentlich nur ab, ob der Schüler weiß, was der Lehrer  auf seine Frage hören möchte.

Nirgendwo wird dieser Umstand so bedeutsam und so sichtbar wie im Geschichtsunterricht beim Thema Nationalsozialismus und Holocaust. Oder auch bei anderen ideologisch und politisch besonders aufgeladenen Themen. Ein Schüler sagte mir mal vor vielen Jahren rundheraus: Weiterlesen

Lehrerbildung im Digitalen Zeitalter

Basti Hirsch hat mich kürzlich für playducation.org interviewt zum Thema „Teacher Education in the Digital Age“ und mir anschließend seine amerikanische Stimme geliehen (vielen Dank!), und Kaoru Wang hat fantastische Fotos gemacht (vielen Dank!). Hier noch einmal das Interview auf Deutsch (und ohne die Bilder):

This Is Your Life (The Holstee Manifesto) flickr / JoelnSouthernCA

Lehrerbildung in der digitalen Welt

Deutschland bezeichnet sich stolz als Land der Dichter und Denker sowie als Hochtechnologienation, hat aber veraltete Schulen und Unterricht. Eine Studie der Initiative D21 bezeichnete Deutschland innerhalb der OECD als Schlusslicht bei der Computer-Nutzung im Unterricht (Welt 2010). Wie bekommen wir den Innovationsmotor im deutschen Bildungswesen in Gang? Aus Sicht von playDUcation nicht durch die Anschaffung weiterer Ausstattung, sondern durch einen Mentalitätswandel und verbesserte Lehrerbildung.

Ignorieren deutsche Schulen die Möglichkeiten des Lernens und Lehrens mit digitalen Technologien? Leiden Lehrer an einer verzettelten Bürokratie, die ihnen keine Chance zur Entwicklung eigener digitaler Kompetenz gibt? Diese Fragen stellten wir Lehrerbildungsexpertin und Bildungsbloggerin Lisa Rosa: Weiterlesen

5 Jahre shift

Heute auf den Tag genau vor fünf Jahren habe ich meinen ersten Beitrag in shift.weblog zu schule und gesellschaft gepostet. Anlass zu einem Rückblick auf 5 Jahre Teilhabe an der digitalen Revolution.

Auf die Idee, mal zu prüfen, ob ein eigenes Weblog für mich einen Sinn machen könnte, hatte mich ein damals 70jähriger Professor gebracht, der sich schon mit Computer und Bildung beschäftigt hatte, als  Lochkarten  brandaktuell waren, während ich gleichzeitig im alten Berlin-Verlag am Composer und mit der IBM-Kugelkopf-Schreibmaschine zu Hause mein studentisches Budget aufbesserte. (Soviel zu der unzulänglichen Unterscheidung digital natives/immigrants. Ich finde die Krusesche Unterscheidung in digital visitors/residents brauchbarer.)

Zurück bzw. nach vorne in der Vergangenheit:   2005 hatte ich gerade meinen ersten Aufsatz in einer Zeitschrift untergebracht und dabei erlebt, wie mühsam und Vitamin-B-lastig eine Veröffentlichung eigener Gedanken in der  Buchgesellschaft ist. Und zusätzlich frustrierend: Es gab keinen Rückkanal dazu. Und ich wollte doch so gerne, dass mir jemand auf meine Gedanken Rückmeldung gibt und mit mir in Kommunikation über die Dinge tritt, die mir am Herzen liegen: die unbefriedigende Praxis. Denn in meinem unmittelbaren Tätigkeitssystem (Schule, Kollegium) waren die Kommunikationen über die gemeinsame aber nicht gemeinsam geteilte Tätigkeit außerordentlich frustrierend.

Mit meinem Blog – bei twoday.net im Schreibmaschinen-Look –  habe ich stattdessen schlagartig mein Kommunikationssystem erweitert und seitdem aktiv Teil an einer unglaublich spannenden gesellschaftlichen Entwicklung, die mein Leben verändert hat.

2005 sprossen die Weblogs in Deutschland wie Pilze aus dem Boden im Gefolge der vorgezogenen Bundestagswahl. Ich traf auf Küchenkabinett ;  Bembelkandidat aus Mainhatten und nja, die schon vorher da waren, kümmerten sich freundlich um mich als Blog-Newbe. Aber die Pädagogenszene war noch recht überschaubar: Herr Rau erzählte seit 2004 „von sich und seiner Schule“, Norberto legte Material und Reflexion für sich und seine Schüler in seinem Blog ab und teacher beglückte auch schon seit 2004 die Blogosphäre mit seinen provozierenden und viel kommentierten Dönekens aus dem Lehreralltag eines österreichischen Schulprofessors.

In diesen Jahren war „Weblog“ selbst unter den Usern und vielmehr noch in der öffentlichen Wahrnehmung entweder eine  journalistische Angelegenheit „persönlich gefärbter (und darum anrüchiger) Nachrichten“ oder nur ein  öffentlich gemachtes privates online-Tagebuch. Jedenfalls in Deutschland. Als „Hype“, verstanden als vorübergehende Selbstdarstellung einiger Spinner galten diese „Webtagebücher“ hierzulande noch bis vor kurzem.

Dass Blogs Kommunikationsmedium für Communities of Practice sein können, dass sie dem professionellen Austausch und der gemeinsamen Entwicklung der gemeinsam geteilten Arbeit dienen können, dass sie im Unterricht auf vielfältige Weise eingesetzt werden als „Lernwerkzeuge“, ja darüberhinaus zu einem entscheidenden Kommunikationsmedium für alle Arten von Lernprozessen werden können –  das ist eine Erkenntnis der letzten zwei Jahre. Und wie immer: Dieser Erkenntnis läuft die experimentelle Praxis voraus. 2006 fand Gabi Reinmann das Lehrerzimmer von Herrn Rau und machte daraus einen Vortrag über persönliches Wissensmanagement; das AdZ-Netzwerk bot zum ersten Mal auf seinem 2. Kongress 2008 eine Begegnung zwischen Web 2.0 und Alternativpädagogik; in Hamburg werden seit 2009 Referendare zum Bloggen mit Schülern angeregt und betreut von Ralf Appelt und mir; Examensarbeiten über die Referendarserfahrungen mit Unterrichtsblogs sind entstanden und eine ganze Schule hat sich auf den Web 2.0 – Weg gemacht.

(Bitte seht mir nach, wenn ich wichtige Menschen, Organisationen, Ereignisse und Webseiten nicht genannt habe – es ist eine impulsive und sehr subjektive Auswahl.)

Im Gartnerschen Hype Cycle müssten wir uns jetzt in der Slope of Enlightenment befinden und das Plateau of Productivity ansteuern. Bloß: Wo war denn eigentlich der Peak of Inflated Expectations gewesen? — Darüber könnte man noch mal nachdenken.

Kaiserin-Augusta-Schule Köln auf der Didacta 2010 mit „Web 2.0 App’s im Unterricht“

Mit 14 Unterrichts- und Beratungsblogs (Stand März 2010), einem Blog, auf dem die Steuergruppe der Schule kommuniziert, und einem Schulwiki hat die Kaiserin-Augusta-Schule in Köln seit ihrem Web 2.0 – Schulentwicklungstag am 11. 11. 2009 eine phänomenale expansive Entwicklung gemacht. Ihre Erfahrungen präsentiert sie heute auf der Didacta 2010 in Köln.