Medienrevolution

Die taz veranstaltet einen Medienkongress , gefragt wird, „Schafft das Internet Freiheit – ja oder nein?“ (die Frage inwiefern beides möglich ist, gibt’s hier nicht), es gibt „Alles zur Medienrevolution“ und „Hier spricht die Revolution“, aber Detlev Kuhlbrodt blickt schon zurück  auf die offenbar schon ziemlich vergangene Medienrevolution.

Wie nun: läuft sie gerade, die Revolution, war sie schon oder kommt sie erst noch? Wie wird Revolution hier verstanden? Als politische Revolution (Herrschende Köpfe auswechseln), als soziale Revolution ( radikaler Kulturwandel) oder noch anders? Was bedeutet im Kontext der Medien überhaupt Revolution? Was ist Medienrevolution? – Da geht es hier jedenfalls bunt durcheinander. Nicht nur der Medienbegriff, auch der Revolutionsbegriff bleibt jeweils implizit und so werden Dinge diskutiert auf der konkreten Ebene, deren unausgesprochener Verständnishintergrund weder angesprochen noch hinterfragt, geschweige denn diskutiert wird. So bleibt es ein Spektakel und die Gelegenheit, Verständnis(se) darüber auszutauschen und zu klären, was uns allen gerade historisch widerfährt (wenn auch konkret sehr verschieden), bleibt ungenutzt.

Ich nutze die Gelegenheit zwischen den vielfältigen Diskussionen um #Leitmedienwechsel und der Republica #rp11 hier einen interessanten Aufsatz zu publizieren, der sich genau darum bemüht, nämlich um das

Understanding Media Revolution.

Georg Rückriem und Johannes Werner Erdmann beschäftigen sich schon seit Jahren mit der Medienrevolution und der Frage, welche Konsequenzen für die menschliche Kultur der Leitmedienwechsel hat. In ihrem Aufsatz, der aus einem Vortrag vom letzten Jahr in Helsinki entstanden ist, versuchen sie (für die KollegInnen der Activity Theory) folgende Fragen zu klären:

  1. What is a medium?
  2. What is a revolution?
  3. What is a medium revolution?
  4. What is and why do we need a transition theory?

Vor allem der 4. Punkt ist spannend: Wie sieht eine brauchbare Theorie des Übergangs aus? Wie kann man sich die Gesellschaft, in der wir gerade leben, als Übergangsgesellschaft (Michael Giesecke) vorstellen, die  in eine „Next Society“ (Baecker) führt, welche wir aus historischen Gründen noch nicht beschreiben können?

Michael Giesecke hat bereits stattgefundene Medienrevolutionen und deren Folgen für Kommunikation und Kultur (v. a. in der  Übergangsgesellschaft zur Industriekultur im Gefolge der Erfindung des Buchdrucks) untersucht. Rückriem/Erdmann haben alle Hinweise von Michael Giesecke zusammengetragen und daraus die Merkmale der von ihm dreiphasig konzeptualisierten Übergangsgesellschaft – Phase der Abhängigkeit, der Gegenabhängigkeit und der Autonomie –  benannt und beschrieben.

Understanding Media Revolution. How Digitalization is to be Considered

2 Gedanken zu „Medienrevolution

  1. Toller Artikel! Aber anstatt die Suche nach der „Transition Theory“ zu beginnen, könnte man auch einfach nach bestehenden Innovationstheorien suchen. Das „Revolution“ nur eine Metapher ist, wird ja rasch klar, aber gerade die Adaption der Technologie und die Inkorporationen von Nutzungspraktiken (die ja die oftmals sogenannte „Revolution“ ausmachen) ist ganz klassisch als Innovation (gesellschaftlich und kulturell) zu verorten. Und damit gar nicht sooooo arg neu, sondern nun lediglich auf die Ebene des MULTImediums gehoben.

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    • 1. Revolution ist hier eben gerade nicht als Metapher gemeint. Bezeichnet wird damit eine Umwälzung der Verhältnisse. In der Folge des Medienumbruchs bzw. Leitmedienwechsels eine Umwälzung der gesamten gesellschaftlichen Verhältnisse – üblicherweise wird soetwas eine soziale Revolution genannt. Solche solzialen Revolutionen sind gleichbedeutend mit Epochewechseln bzw. Formationswechseln.
      2. Die Innovationstheorien wie bspw. Gardners Hype Cycle sind daher eben nicht geeignet zur Erklärung, denn sie greifen zu kurz.
      3. In Rückriems Aufsatz wird genau diese Unterscheidung m.E. nach doch gerade sehr deutlich besprochen. Man kann natürlich eine andere Auffassung bezüglich des Gegenstands haben – aber Rückriems Aufsatz und sein Revolutions- wie Medienverständnis sind falsch rezipiert, wenn man ihn wie du, Sociosyphos, interpretiert.

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